TLDR (von /u/yuropman auf reddit):
Art. 109 Abs. 3 Schwarz-Rot:
Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Verteidigungsausgaben 1 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen
Art. 109 Abs. 3 Grün:
Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen. Zu den vorgenannten Ausgaben zählen insbesondere solche für
- die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit, einschließlich des Ausbaus nachrichtendienstlicher Fähigkeiten, auch in Systemen kollektiver Sicherheit,
- die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten, krisenreaktive Maßnahmen der Auslandshilfe und die Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung und
- den Schutz der Zivilbevölkerung, den Schutz der informationstechnischen Systeme und der Infrastruktur.
Art. 115 Abs. 2 Schwarz-Rot:
Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Verteidigungsausgaben 1 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen
Art. 115 Abs. 2 Grün:
Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen
Grüne mit eigenem Vorschlag zur Lockerung der Schuldenbremse
“Ja zur Stärkung der Verteidigung, aber nicht nur der Bundeswehr”
Grundgesetzänderungen, wie sie Union und SPD vorschweben, lehnen die Grünen ab und machen einen eigenen Vorschlag zur Steigerung der Verteidigungsausgaben. Auch in Cybersicherheit, Bevölkerungsschutz und Geheimdienste soll Geld fließen.
Seit Montagnachmittag steht fest: Die Grünen werden dem von CDU/CSU und SPD geplanten Finanzpaket und den hierfür notwendigen Grundgesetzänderungen nicht zustimmen.
Union und Sozialdemokraten hatten Ende vergangener Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine gelockerte Schuldenbremse sowie ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur im Grundgesetz (GG) verankert. Ermöglich werden sollte dies im Wege einer Neufassung von Art. 109 und Art. 115 GG. Damit sollte die im GG verankerte Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben gelockert werden und die Länder mehr Spielraum für Investitionen bekommen.
Außerdem sieht der schwarz-rote Entwurf ein neuen Art. 143h GG vor, um die Errichtung eines Sondervermögens für die Instandsetzung der Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro zu ermöglichen. LTO hatte über die Details berichtet. Weiter hatten sich Union und SPD auf ein Sondierungspapier verständigt, aus dem hervorgeht, für welche Projekte die neuen Schulden verwendet werden sollen.
“Keine Finanzierung schwarz-roter Wahlversprechen”
Die Grünen, die zwecks GG-Änderung für eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag benötigt werden, erklärten nun am Montag, dass sie ihren Abgeordneten nicht empfehlen können, dem schwarz-roten Gesetzentwurf zuzustimmen. Man sei zwar für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse, um Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Landes zu ermöglichen, zur Finanzierung von Wahlversprechen von Union und SPD stehe man aber nicht zur Verfügung:
“Wir Grüne stehen nicht dafür bereit, die Steuergeschenke von CDU/CSU und SPD auf Kredit abzunicken. Statt mutiger Reformen zur Lösung der drängenden strukturellen Probleme dieses Landes, enthält der aktuelle Vorschlag vor allem klimaschädliche Steuergeschenke und teure Klientelpolitik: die Erhöhung der Pendlerpauschale, die Subventionierung von Agrardiesel oder willkürliche Steuererleichterungen”, heißt es in einer Erklärung.
Im Verlaufe des Montags verständigte sich sodann die Bundestagsfraktion der Grünen weiter darauf, einen eigenen Gesetzentwurf zur Änderung des GG in dieser Woche in den Bundestag einzubringen. Ziel des Vorschlags ist es allein, den fiskalischen Spielraum für Ausgaben für die Gesamtverteidigung und die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben in der Verfassung zu schaffen. Ein Sondervermögen für die Infrastruktur oder mehr finanziellen Handlungsspielraum für die Länder sieht der Entwurf hingegen nicht vor.
Erweiterter Sicherheitsbegriff
Zur Stärkung der Verteidigung schweben den Grünen nicht nur Investitionen in das Militär vor. Die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland müsse umfassend gewährleistet werden, heißt es Entwurf. Im Gesetzentwurf von Union und SPD sei der Begriff der Verteidigungsausgaben zu eng gefasst worden.
“Zu einem umfassenden, breiten und integrierten Sicherheitsbegriff gehören die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit, auch in Systemen kollektiver Sicherheit, der Ausbau nachrichtendienstlicher Fähigkeiten, die Unterstützung für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten, Maßnahmen der Auslandshilfe im Krisenfall, die Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung und der Schutz der Zivilbevölkerung, außerdem der Schutz der informationstechnischen Systeme und der Infrastruktur.”
Mehr Ausgaben für Verteidigung aus normalem Haushalt
Nach dem Vorschlag der Grünen sollen die Verteidigungsausgaben oberhalb von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von der Schuldenbremse ausgenommen werden. Union und SPD wollen diese Grenze bei einem Prozent ziehen. Die Grünen beabsichtigen demnach, einen höheren Anteil der Verteidigungsausgaben aus dem normalen Haushalt zu bestreiten.
Konkret gelingen soll all das mit einer Neufassung der Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG.
In Art. 109 Abs. 3 soll es künftig daher heißen: "Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen. Zu den vorgenannten Ausgaben zählen insbesondere solche für
-
die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit, einschließlich des Ausbaus nachrichtendienstlicher Fähigkeiten, auch in Systemen kollektiver Sicherheit,
-
die Hilfe für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten, krisenreaktive Maßnahmen der Auslandshilfe und die Stärkung internationaler Organisationen zur Friedenssicherung und
-
den Schutz der Zivilbevölkerung, den Schutz der informationstechnischen Systeme und der Infrastruktur."
Auch Art. 115 Abs. 2 wird entsprechend angepasst: “Von den zu berücksichtigenden Einnahmen aus Krediten ist der Betrag abzuziehen, um den die Ausgaben für Gesamtverteidigung und für die Erfüllung sicherheitspolitischer Aufgaben 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt übersteigen.”
Unions-Geschäftsführer: “Wir liegen nicht meilenweit auseinander”
Ob sich Union und SPD den Vorstellungen der Grünen annähern werden, ist noch offen, aber nicht ausgeschlossen. Über den Gesetzentwurf der Grünen zum Finanzpaket könne man diskutieren, sagt Unions-Geschäftsführer Thorsten Frei am Dienstagmorgen im Deutschlandfunk. “Wir liegen da nicht meilenweit auseinander.”
Am Montagabend waren die möglichen Koalitionäre und die Grünen für rund anderthalb Stunden zu einer vertraulichen Runde in einem Besprechungsraum der Grünen-Fraktion im Bundestag zusammengekommen. Einzelheiten aus dem Gespräch wurden nicht bekannt.
Klar ist jedoch: Ohne das geplante Finanzpaket würde Union und SPD die finanzielle Grundlage ihres Sondierungsergebnisses und damit auch für die ab Donnerstag anvisierten Koalitionsverhandlungen fehlen. Und eigentlich sollten die Grundgesetzänderungen am Donnerstag ins Plenum eingebracht und am 18. März noch vom alten Bundestag beschlossen werden.
BVerfG entscheidet über Eilanträge
Ob das funktioniert, hängt allerdings nicht nur von einer Einigung mit den Grünen ab, sondern auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG): Erwartet wird bis Donnerstag eine Entscheidung aus Karlsruhe über Eilanträge von AfD, Linken und einzelnen Abgeordneten. Sie alle wollen aus unterschiedlichen Gründen, dass sich erst der neu gewählte Bundestag mit der Schuldenbremse und einem möglichen Sondervermögen befasst. Dass sie damit beim BVerfG durchdringen, gilt jedoch nach Ansicht von Verfassungsrechtlern als unwahrscheinlich. Die Bundesregierung wird in den Verfahren vom Staatsrechtler Prof. Alexander Thiele vertreten. Dieser kommt in einem Schriftsatz an das BVerfG, der LTO vorliegt, zu einem klaren Ergebnis:
“Der alte Bundestag ist bis zur Konstituierung des neuen Bundestages jedenfalls befugt, Verfassungsänderungen im hier vorliegenden Sinne zu beschließen. Das ergibt sich bereits aus der Regelung des Art. 39 Abs.1 S. 2 GG, wonach dessen Wahlperiode erst mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages endet.”
Auch mit Blick auf das Demokratieprinzip (Art. 20 GG) sei das Vorgehen unproblematisch: “Die vorgesehenen Verfassungsänderungen begründen für sich gerade keinerlei Verpflichtungen für den neuen Bundestag, sondern erweitern vielmehr dessen Handlungsmöglichkeiten, indem für die jeweilige politische Mehrheit im neuen Bundestag die Option eröffnet wird, für den Bereich der Verteidigung oder der Infrastruktur ausnahmsweise auf eine Kreditfinanzierung zurückzugreifen.”___
Verstehe immer noch nicht, warum genau sie 1.5% statt 1% aus dem Haushalt bestreiten wollen?
Aber statt die Schuldenbremse einfach abzuschaffen, sie nur für Verteidigung zu umgehen finde ich auch immer noch generell merkwürdig, insbesondere von einer Partei, die sich im Selbstverständnis für progressiv hält. Machste nix, Teil der verrückten Zeitlinie, in der wir leben.
Es war ja angekündigt, dass die Grünen explizit NUR für das Sicherheitsbudget einen Vorschlag unterbreiten. Gleichzeitig hatte man betont, dass man im NEUEN Bundestag im nächsten Schritt generell über die Reformierung der Schuldenbremse diskutieren sollte.
Es wurde also nicht vergessen, sondern lediglich genau das unterbreitet, was angekündigt wurde. Aus Gründen, die ebenfalls kommuniziert wurden
Ich denke, die Grünen sind erfahren genug um zu wissen, dass ein Kompromiss jetzt mit der CDU auf Kredit niemals zurückgezahlt wird.
Wenn sie jetzt noch einen Schnellschuss mit Union und SPD durchziehen, dann wird das Thema die nächste Legislatur nicht mehr ernsthaft angegangen.
Richtig. Deswegen kommt das Dokument ja mit dem Inhalt, den wir da sehen - die haben halt die aktuellen Zahlen des Wehretats noch in Erinnerung und haben den explizit so reingeschrieben, so dass alles darüber hinaus in das Sondervermögen gehen würde - und Dinge reingeschrieben, die EIGENTLICH indiskutabel sind.
Würde die Union jetzt an irgendeinem dieser Punkte drehen oder nachverhandeln wollen, wäre das ein Schuss ins Knie der Union und eine Demaskierung ihrer wahren Motivation (eben die angedeuteten Wahlgeschenke).
Es wird also einerseits die Dringlichkeit gewürdigt und gleichzeitig nicht mehr als genau diese thematisiert. Damit sollten eigentlich alle leben können, die nicht etwa durch monetäre Zuwendungen aus Russland etwas gegen eine Wehrhaftigkeit unseres Landes haben könnten.
Glaubst du, dass diese Demaskierung der Union durch ein breites Medienecho in die Bevölkerung getragen wird?
Und glaubst du, dass sich daran in vier Jahren noch jemand erinnert?
Aus meiner Sicht hätte nur dann dieses Manöver einen politischen Erfolg für die Grünen, auch wenn weiterhin die zivile Infrastruktur vergammelt und nichts gegen den Klimawandel getan wird.
Würde man stattdessen sagen, dass nur eine Gesamtreform der Schuldenbremse, mit Klimaschutz und Infrastruktur in Frage kommt, müssten die CDU und Bauchschmerz-CDU entweder nachgeben, oder im neuen Bundestag mit den Linken verhandeln. Wenn man ins Sondierungspapier schaut, dann haben sich die CDU und Bauchschmerz-CDU auch fest vorgenommen durch weitere soziale Kälte außerhalb der Wahlgeschenke für Rentnys die AfD zur stärksten Kraft bei der nächsten Wahl zu machen. Nur mit einer Reform der Schuldenbremse kann zumindest auf Landes- und Kommunalebene gegengesteuert werden.
Stimme dir in allen Punkten zu - inklusive der Annahme, dass es von den Medien eher verschluckt und den Menschen vergessen wird.
Deswegen ist es ja meiner Meinung nach gerade so gut, dass die Grünen mit dem Entwurf jetzt NUR das eh indiskutable Investitionspaket in unsere Wehrhaftigkeit vorgeschlagen haben und alles weitere im neuen Bundestag diskutieren und beschließen wollen. Denn DANN wird die Union erst so richtig Kröten schlucken müssen, um etwas mit SPD, Grünen UND Linken zusammen zu beschließen, wenn sie das Vergammeln eben nicht riskieren wollen. Und indem man die 1,5% für den Wehretat fix in den Vorschlag reinschreibt, kann man das Geld eben nicht mehr “umschichten” und so Pfuschen.
Im Prinzip sollte der Entwurf als heftiger Zündstoff behandelt werden. Denn die Union kann ihn eigentlich nicht ablehnen, ohne das Gesicht zu verlieren, ist aber quasi den Grünen und Linken ausgeliefert, WENN sie dem ganzen zustimmen. So gesehen eine Lose-Lose-Situation für die Union. Das sollte man feiern
Vielleicht bin ich in den letzten Monaten zu pessimistisch geworden. Ich hoffe, der Stoff zündet so, wie du es beschreibst.
die Tatsache, dass wir bis dato noch nix zu einer Einigung gehört haben und die Schlagzeilen in den Medien grad betont über alles andere berichten, hier und da maximal LEICHTES Lob für die Grünen durchsickert, deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass es in die Richtung von meiner Interpretation des Sachverhalts geht. Denn offensichtlich ringt die Union gerade intern mit sich, welchen Tod sie denn sterben wollen.
Und ich finde das gerade richtig amüsant anzusehen wenn ich ehrlich bin.
Stimmt, wenn man große Militärausgaben doof findet, steht man automatisch auf der russischen Payroll 🤓 mussmanwissen
Hier mein Take, warum ich große Militär- und Sicherheitsausgaben doof finde: die Bundeswehr ist durchsetzt von Rechtsradikalen, die sich auf Tag X vorbereiten. Quelle: Presseschau der letzten Jahre und meine persönliche Erfahrung aus dem Wehrdienst. Denen will ich nicht mehr Waffen hinstellen, während ihr parlamentarischer Arm an der Machtübernahme arbeitet.
Das Gleiche gilt für die Geheimdienste: nur weil Maaßen da nicht mehr sitzt sind das plötzlich lupenreine, demokratische Institutionen, die nicht systematisch Gefahren von rechts außen herunterspielen oder aktiv fördern (NSU, anyone)?
Ich sehe auch die Bedrohung von Russland, aber eine Partei die deswegen die Sicherheitsbehörden mit mehr Befugnissen und Geld ausstatten will muss mir im selben Atemzug auch erklären, wie sie den rechtsextremen Sumpf in diesen Institutionen trockenlegen will.
So, und jetzt will ich mein russisches Demogeld haben 💸
Das wurde in der aktuellen Lage der Nation indirekt diskutiert. Aktuell haben wir 1,5 % Ausgaben für Verteidigung, wenn man schon ab 1 % Schulden machen darf, dann schafft man sich damit andere Freiräume im Haushalt, dafür ist das Geld aber nicht gedacht. Ich denke, dass die grünen daher nur dieser Zahl kommen.